Yoga ist keineswegs neutral

Pater Joseph-Marie Verlinde

 

 

 

Der  Mensch strebt daher unaufhörlich danach sich von diesem Schein zu lösen, um in das Selbst einzutauchen – in der „mystischen“ Vereinigung mit dieser höchsten Wirklichkeit, dieser großen, kosmischen Ganzheit. Yoga ist einer der bevorzugten Wege dorthin.

 

Im hinduistischen Umfeld ist diese Ausrichtung auf das Absolute, diese Sehnsucht, sich mit dem göttlichen Wesen der Welt zu vereinen, von einer tiefen Ehrlichkeit beseelt. In Indien habe ich „Gottesnarren“ gesehen wie kaum sonst wo.

Aber für uns Christen, die wir die unfassbare Gnade haben, die Selbstoffenbarung Gottes zu kennen – Offenbarung eines persönlichen, transzendenten Gottes, der die Welt und den Menschen aus Liebe erschaffen hat und jeden Menschen ruft, sich von Seiner Liebe erfüllen zu lassen – für uns ist der indische Pantheismus trotz seiner Vornehmheit so etwas wie ein Rückschritt. Und das Praktizieren von Yoga ist eigentlich eine gefährliche, geistige Falle.

 

Der Mensch ist nicht dazu bestimmt, sich in einer unpersönlichen, kosmischen Energie aufzulösen, selbst wenn man diese als göttlich ansieht. Von Gott, den Jesus Seinen und unserer Vater nennt, an die Spitze der Schöpfung gestellt, ist der Mensch dazu berufen, am göttlichen Leben der Dreifaltigkeit teilzuhaben, indem er den Heiligen Geist empfängt, der aus ihm einen Sohn im einzigen Sohn macht.

Selbst ohne jegliches spirituelles Streben praktiziert, ist Yoga eine von sich aus äußerst wirksame Methode, die darin besteht, in uns schlummernde natürliche Energien zu erwecken und – indem man sie zu beherrschen sucht – sie mit dem zu vereinen, was der Hinduismus das Selbst nennt….

 

Ja, Yoga setzt in uns sehr reale wenn auch noch sehr geheimnisvolle, psycho-somatische Energien frei und ermöglicht das Erreichen von (im wahrsten Sinne des Wortes) außer-gewöhnlichen Zuständen. Ich habe selbst Techniken der Levitation (des Schwebens) praktiziert und gelehrt.

 

Selbst die indischen Weisen warnen ihre Schüler vor dem Risiko der Unausgeglichenheit, ja des Wahnsinns. Sie machen auch darauf aufmerksam, dass man sich auf diese so gefährlichen Wege nur in Begleitung eines sicheren und erfahrenen Führers begeben dürfe…

 

Diese vom Yoga aktivierten Kräfte sind zweifellos nichts als natürliche Energien; aber konfrontiert mit solchen Phänomenen – über die ich mich nicht weiter auslassen möchte – bin ich zu dem Schluss gekommen, dass böse (teuflische?) Geister da mitgemischt haben…

 

Ähnliches möchte ich sagen von den mächtigen „Fähigkeiten“, die mich nach meiner Heimkehr belastet haben (und dieses Wort ist eher schwach). Diese Kräfte habe ich dort durch die Einführung in die östlichen Riten und Praktiken erlangt. Sie sind die selben wie jene, die hier im esoterischen Okkultismus gesucht und verwirklicht werden, insbesondere in der heute verbreiteten Form des New Age.  Ich will daran glauben, dass der Herr, berührt von der zweifellos echten geistigen Sucher vieler Hindus, diese vor so mancher Gefahr bewahrt, ja sie sogar zu sich zieht.

 

Aber für einen Christen, der Tempel des Heiligen Geistes geworden ist, erscheint mir das Wandeln auf diesen Wegen wie ein Selbstbetrug, wie eine Anmaßung.

Ich möchte es wiederholen: Yoga wurde entwickelt, um ein ganz bestimmtes Ziel zu erreichen, das Einswerden mit dem Selbst…

Sie machen also nur zwei Stunden Yoga pro Woche? Anfangs werden Sie Probleme haben, die richtigen Haltungen einzunehmen, aber langsam machen Sie Fortschritte. Und, ob Sie es nun wollen oder nicht, Sie werden in sich das Kundalini aktivieren. Und selbst wenn Sie keine „Erleuchtung“ erleben, so wird das körperliche und geistige „Hintrimmen“, das damit verbunden ist, nicht ohne Einfluss auf Ihren Stoffwechsel und Ihr psychologisches Gleichgewicht beleben.

 

Wozu das Risiko eingehen, sich auf einen solchen Weg zu begeben, wo es doch andere Methoden der Entspannung gibt…, die eine Entfaltung der Persönlichkeit bringen und nicht eine mit der jüdisch-christlichen Offenbarung von Gott und Mensch unvereinbare Sicht mit einbeziehen?

 

Welche Art von Yoga auch praktiziert wird und welche Absicht der Ausübende auch haben mag, Yoga ist niemals „neutral“.

 

 

 

Pater Joseph-Marie Verlinde

Auszug aus der Zeitschrift „Famille Chrétienne" vom 2.9.1993

Übersetzung aus „Vision 2000“ 5/93

 

 

 

 

 

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